Freiflug
Wenn ich in 2 Wochen 37 Jahr alt werde, tue ich das mit leichten Füssen. 37 zu werden ist etwas Großartiges.
Es ist wie der erste Sprung von einem 3 Meter Sprungturm. Wenn wir einmal gewagt haben, den Schwung des Brettes zu nutzen und in der Luft sind, dann gibt es kein Zurück.
37 werden. Ich bin mitten drin. Mitten im Freiflug, mitten im „ich kann nie wieder zurück“. Zurück will ich gar nicht, nur manchmal vielleicht ein paar Minuten lang die Zeit anhalten. Dann wenn ich mit Freunden an einem Samstagnachmittag Prosecco trinke, oder die Sonne unter geht, dann würde ich gerne ein paar Atemzüge die Zeit anhalten.
Wenn in Rom die Band Gitarra Magica spielt, dann würde ich gerne stopp drücken. Der Moment, in dem mein Baby mich zum ersten Mal ansieht, da will ich zuhause sein.
Zwei Zahlen, die viele Geschichten erzählen. Heute noch, endet der Ruf der Ferne nie. Seit 7,5 Jahren lebe ich nun in Berlin, aus den Fängen des Alltags der Schweiz befreit, bin ich als Suchende hier gestrandet, um dann nach 7 Jahren festzustellen, dass das Suchen irgendwie nie aufhört.
Mein wildes ungestümes Gemüt hat immer dann Heimat erfahren, wenn die Heimat nur in weiter Ferne zu erhoffen war.
Die Dinge laufen nicht immer wie man es sich wünscht, aber immer so, wie sie sein sollen.
Und so ertrinken Geschichten manchmal in der Illusion, dass sie für immer sind. Abschied nehmen. Loslassen.
Irgendwo in der Parisbar holt mich heute die Einsamkeit ein. Sie entwächst meinen Moules mariniaires, vermischt sich mit dem Duft von geschmorten Zwiebeln und Weisswein und steigt mir in die Nase. Sehnsucht streicht mir um meine Beine, wie eine Katze, die auf der Straße lebt und sich nach Streicheleinheiten sehnt.
Wohin liebes Leben geht die Reise? Und wann sind wir endlich da?
(Fotos von Grit Siwonia Photography)